November 2020

Liebe Bürgerinnen und Bürger,

aufgrund rapide steigender Corona-Infektionszahlen wurde der Landkreis St. Wendel im Oktober zu einem so genanten Risikogebiet. Zum Risikogebiet wird ein Landkreis, wenn die 7-Tage-Inzidenz (die Anzahl der festgestellten Infektionen innerhalb von 7 Tagen pro 100.000 Einwohner) den Wert von 50 überschreitet. Als Risikogebiet gilt ein Kreis, bis die Inzidenzgrenze von 50 innerhalb von fünf aufeinanderfolgenden Tagen mit fallender Tendenz unterschritten wird. Auf Grundlage der Verordnung des Landes zur Bekämpfung der Corona-Pandemie hat das saarländische Ministerium für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie eine so genannte Ressortverordnung für den Landkreis St. Wendel erlassen. Diese gilt so lange, bis wir nicht mehr als Risikogebiet gelten. Die Ressortverordnung basiert auf der „Verordnung zur Änderung infektionsrechtlicher Verordnungen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie“ der Landesregierung, die wöchentlich aktualisiert wird. Alle Dokumente finden Sie auf der Homepage des Landkreises St. Wendel: www.Landkreis-St-Wendel.de.

Diese Verordnungen und Maßnahmen sind notwendig, damit wir das Infektionsgeschehen in den Griff bekommen. Und ob dies gelingt, hängt auch und vor allem von jedem von uns ab. Insbesondere jetzt ist es wichtig, sich an die Abstands- und Hygieneregeln zu halten, Alltagsmasken zu tragen, Räume ausreichend zu lüften. So können wir die Fallzahlen senken – und ich bin überzeugt davon, dass uns das gelingt, wenn alle mitmachen!

Insbesondere gilt es, bei privaten Feiern und Zusammenkünften aufzupassen. Denn unter anderem diese waren hauptverantwortlich für den Anstieg der Fallzahlen. Etwa im Marpinger Ortsteil Urexweiler. Um dort die Infektionsketten schnell zu unterbrechen und so eine weitere Verbreitung des Virus vor Ort zu verlangsamen, hatten wir Mitte Oktober ein Abstrichzentrum für die Bürgerinnen und Bürger des Ortes eingerichtet, gemeinsam mit der Gemeinde, Bundes- und Feuerwehr, DRK, DLRG. Dort konnten sich alle freiwillig abstreichen lassen – und davon machten 1289 Einwohner Gebrauch. Hier gab es sechs positive Testergebnisse. Insgesamt wurden 1582 Einwohner Urexweilers getestet, etwa im St. Wendeler Gesundheitsamt oder im Testzentrum in Saarbrücken. Insgesamt waren 64 Testergebnisse positiv. Herzlichen Dank den Einwohnern des Ortes, die sehr verantwortungsvoll und einsichtig mit der Sache umgegangen sind. Die Lage hat sich stabilisiert, die Zahlen in Marpingen gehen erkennbar nach unten.

Coronabedingt ist leider auch eine wichtige Gedenkveranstaltung am 22. Oktober ausgefallen, mit der wir an die so genannte „Wagner-Bürckel-Aktion“ erinnern wollten. Vor 80 Jahren, am 22. Oktober 1940, wurden 6500 Juden aus Baden, der Pfalz und dem Saarland in das Internierungslager Gurs (Frankreich) verschleppt – die erste Massendeportation im Dritten Reich. Diese Maßnahme ging von Josef Bürckel, Gauleiter Saarpfalz, und Robert Wagner, Gauleiter Baden, aus und sah vor, alle Juden aus ihrem Machtbereich zu vertreiben. Davon waren 134 Menschen aus dem Saarland betroffen, aus dem heutigen Landkreis St. Wendel acht. Die Gedenkveranstaltung soll am 8. April 2021 nachgeholt werden. Seit 2009 erinnern wir am 9. November mit einer Kranzniederlegung am einstigen Standort der St. Wendeler Synagoge in der Kelsweilerstraße an die Novemberpogrome 1938. Die Synagoge in St. Wendel wurde am 10. November 1938 von SS-, SA- und NSDAP-Mitgliedern geschändet und in Brand gesteckt. Dies sind wichtige Mosaikstein der Erinnerungskultur in unserer Region, die sich verantwortungsvoll mit den Schrecken der NS-Zeit auseinandersetzt, die aufklärt, informiert und den Opfern würdig gedenkt. In unserer Zeit wichtiger denn je – denn es gibt kaum noch Zeitzeugen, denn wir beobachten hier und anderswo autoritäre Tendenzen, Ausgrenzung und Hass, Antisemitismus, Populismus und die Missachtung der Menschenwürde. Wir beobachten, dass sich Menschen gegen unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung stellen. Dagegen müssen wir uns stellen. Dies ist eine Lehre unserer Geschichte. Zum Erinnern gehört auch Aufklären, Aufzeigen, wozu es führen kann, wenn wir unsere Augen verschließen. Seien wir alle wachsam!


Ihr Landrat
Udo Recktenwald