August 2023

Liebe Leserinnen und Leser,

der Kreistag des Landkreises Sankt Wendel kam im Juli noch einmal vor der Sommerpause zusammen. Das Gremium stimmte dabei unter anderem für die Änderung einer Vereinbarung zwischen Bistum Trier und Landkreis Sankt Wendel. Darin geht es um die Bezuschussung der Lebensberatungsstelle in St. Wendel. Seit 1999 übernimmt der Landkreis 60 Prozent der zuwendungsfähigen Betriebskosten. Das Bistum hat allerdings angekündigt, seinen Anteil um fünf Prozent zu kürzen. Diese fünf Prozent übernimmt nun der Landkreis, und zwar für die Einrichtung und Unterhaltung einer Pflegeelternberatung in der Lebensberatungsstelle. Im Bereich der Pflegeelternberatung verzeichnen wir nämlich seit einiger Zeit einen erhöhten Bedarf. In der Kreisverwaltung ist das Jugendamt u.a. für die Akquise, Vorbereitung und Beratung von Pflegeeltern zuständig. Derzeit gibt es im Landkreis Sankt Wendel 103 Pflegefamilien mit insgesamt 132 Pflegekindern. Pflegeeltern haben vor der Aufnahme eines Kindes oder Jugendlichen und während der Dauer des Pflegeverhältnisses einen gesetzlichen Anspruch auf Beratung und Unterstützung. Somit ist die gefundene Lösung eine Win-win-Situation für Bistum und Landkreis. Dies sah auch der Kreistag so, der die notwendige Änderung der Vereinbarung einstimmig verabschiedete.

Die enorme Bedeutung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes zeigte nicht zuletzt die Corona-Pandemie eindrucksvoll. Allerdings wurden auch Schwachstellen deutlich, etwa bei der Personalisierung oder Digitalisierung der Gesundheitsämter. Bereits im September 2020 schlossen Bund und Länder einen Pakt für den Öffentlichen Gesundheitsdienst. Das Ziel: die personelle Aufstockung, Vernetzung, Digitalisierung der Gesundheitsämter. Für die Digitalisierung stehen bis 2026 800 Millionen Euro zur Verfügung. Geld, das über Förderprogramme und Ländermaßnahmen fließen soll. Die Digitalisierung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes soll im Saarland unter anderem durch das Programm „Koordinierte Ländermaßnahme – Digitalisierung 4.0 des saarländischen ÖGD“ vorangetrieben werden. Rund 4,9 Millionen Euro stehen hierfür bereit. Das Programm sieht verschiedene Teilprojekte vor – jedes Gesundheitsamt beantragt für die Umsetzung der jeweiligen Teilprojekte Geld. Für die Umsetzung des Gesamtprogramms ist eine Verwaltungsvereinbarung zwischen den saarländischen Landkreisen/dem Regionalverband, der Landesmedizinaluntersuchungsstelle und dem Gesundheitsministerium notwendig. Der Unterzeichnung dieser Vereinbarung stimmte der Kreistag ebenfalls einstimmig zu.

Pflegeeltern, Gesundheit: Zwei Beispiele, die zeigen, dass Landkreise in erster Linie für die sozialen Belange der Menschen zuständig sind. Neben dem Jugend- und Gesundheitsamt zählen hierzu Seniorenbüro, Pflegestützpunkt, Betreuungsbehörde, Schuldner- und Insolvenzberatung, das Kreissozialamt. Zudem ist der Landkreis Sankt Wendel als Optionskommune mit seiner Kommunalen Arbeitsförderung für Bürgergeldbezieher zuständig. Auch sind wir Träger der weiterführenden Schulen. Der Löwenanteil der Kreisfinanzen beanspruchen somit Bildung und soziale Leistungen. Dabei gibt es immer neue gesetzliche Vorgaben und immer neue Ansprüche, deren Umsetzung vor dem Hintergrund klammer kommunaler Kassen zunehmend unmöglicher wird. Darauf habe ich als Vorsitzender des Landkreistages Saarland gemeinsam mit meinem Stellvertreter, Landrat Patrik Lauer (Landkreis Saarlouis), jüngst hingewiesen. Denn oft fehlt es an ausreichender finanzieller Kompensation durch Bund und Land. Was zunehmend untragbar für die Kommunen wird. Hier ist ein Umdenken dringend notwendig, denn die kommunale Selbstverwaltung steht hier auf dem Spiel! Wenn immer mehr Aufgaben an uns übertragen werden, so müssen auch die Gelder dafür zur Verfügung stehen. Die Übertragung dieser Aufgaben weckt zudem Erwartungshaltungen, die unter anderem aufgrund der prekären finanziellen Lage nicht erfüllt werden können. Sind dabei alle diese neuen gesetzlichen Vorgaben dringend notwendig? Oder sollte nicht auch an die Eigenverantwortung eines jeden einzelnen appelliert werden? Wir müssen uns diesen Fragen offen und ehrlich stellen. Darum ging es uns, nicht um eine Bürgerschelte, wie hier und da zu lesen war.


Ihr Landrat
Udo Recktenwald